Seit 2023 ist Landesbischöfin Kristina Kühnbaum-Schmidt unsere Schirmherrin: Sie eröffnet die Reihe, begleitet Aktionen und hat selbst ein großes Herz für Dorfkirchen. In unserem Interview spricht sie über Tradition und Wandel von offenen Kulturorten:

Wie erleben Sie als Schirmherrin von Dorfkirche mon amour die Veranstaltungen und Akteur:innen vor Ort? Was ist für Sie das Besondere?
Die entspannte, lockere und gastfreundliche Atmosphäre der Veranstaltungen ist Willkommenskultur at it´s best! Die Einwohner:innen aus dem unmittelbaren Umfeld freuen sich oft sehr, wenn in ihrer Dorfkirche etwas Besonderes stattfindet, das zugleich Anziehungskraft über das unmittelbare Umfeld hinaus hat. Oft sind sie zu Recht stolz, ihren „Kirchenschatz“ mit anderen zu teilen. Ich habe spannende Berichte zur Geschichte der Dorfkirchen gehört, hoch engagierte Ehrenamtliche erlebt, die ein schönes Büffet vorbereitet haben und unermüdlich Stühle herbeiholen, wenn es bei einem Konzert noch voller wird als erwartet. Das alles spüren auch Besucher:innen – und so entsteht eine offene, herzliche Stimmung. Die meisten, die ich getroffen habe, sagen, dass sie wiederkommen wollen oder neugierig geworden sind, was andere Dorfkirchen zu bieten haben. Besser geht es eigentlich nicht …!
Haben Sie so etwas wie eine „Lieblings-Dorf-/Quartierskirche“?
Oh ja, ganz unbedingt – es ist immer die, wo ich gerade zu Gast bin! Denn überall war es bisher so schön und so besonders, überall steht die jeweilige Dorfkirche im Mittelpunkt mit ihrer besonderen Schönheit oder ihrer besonderen Geschichte – da ist es jedes Mal so, dass ich von dieser Kirche, wo ich dann gerade bin, und den Menschen dort wirklich fasziniert bin.
Die Kirche steckt in einem großen Wandel: Was sind für Sie – mit Blick auf Kirchengebäude – die Herausforderungen, was können Potenziale in diesem Prozess sein?
Mit dem Projekt „Dorfkirche mon amour“ unterstützen wir als Nordkirche genau das, was aus meiner Sicht dran ist: Nämlich genau das, was die Menschen am jeweiligen Ort für sich und ihr Umfeld für wichtig und – nicht zu vernachlässigen – auch für machbar halten. Manchmal geht es „nur“ darum, den Kirchraum überhaupt zu öffnen und zur Verfügung zu stellen, für eine Ausstellung vielleicht oder ein Konzert. Dass wir als Kirchengemeinden unsere Türen öffnen und unsere Räume zur Verfügung stellen, bedeutet aber sehr viel. Die jeweiligen Künstler:innen kommen dann schon und füllen den Raum. Oft sind sie sehr dankbar für die Möglichkeiten, die ihnen eine Gemeinde bietet, erzählen davon und neue Projekte und Kooperationen entstehen. Das finde ich wunderbar. Und mir gefällt, dass ich viel Entdecker:innentum erlebe – manchmal ist noch gar nicht klar, wie es genau werden wird, aber man fängt erst einmal an. Schritt für Schritt wird dann gemeinsam weiterentwickelt, was geschehen soll. Also anfangen, ohne genau zu wissen, was wird, ohne Erfolgsgarantie, aber auf die jeweiligen Möglichkeiten sehen – das gefällt mir auch deshalb sehr gut, weil dahinter letztlich eine spirituelle, eine Haltung des Glaubens steht. Nämlich darauf zu vertrauen, dass Gott mit uns neue Wege geht, Schritt für Schritt, und uns immer wieder Möglichkeiten schenkt – selbst da, wo wir erst einmal gar keine Chancen sehen.
Auch die Gesellschaft verändert sich – Mietraum wird teurer, Dritte Orte nehmen ab, aber auch: Mehr (junge) Menschen ziehen seit Corona aufs Land. Was kann Kirche angesichts dieser Veränderungen für eine Botschaft senden?
Die Botschaft: Sieh nicht so sehr auf das, was alles nicht geht, sondern schau auf die Möglichkeiten, die Gott jetzt und hier schenkt. Und das ist oft mehr, als man meint. Denn niemand ist zu klein oder zu alt oder zu unwichtig, um etwas zur Gemeinschaft beitragen zu können. Alle sind wichtig, alle haben etwas beizutragen. Als Kirchengemeinden sind wir ideale Netzwerker:innen und Kooperationspartner. Also: Bringt die verschiedenen Menschen vor Ort zusammen, weil wir alle Menschengeschwister und Gotteskinder sind. Lasst Gottes Segen und Gottes Liebe erfahrbar werden – denn wir alle sind in unserem Leben auf der Suche nach Gemeinschaft, Verbundenheit und Geborgenheit. Und so viele Menschen wünschen sich, das nicht nur zu Hause für sich allein erleben zu können, sondern in offenen und schönen Räumen gemeinsam mit anderen zu erleben.
Wenn wir uns einen Moment lang erlauben zu träumen: Was wäre Ihre Vision für die Dorfkirchen der Nordkirche?
Ich wünsche mir, dass unsere Dorfkirchen auch in vielen Jahrzehnten noch lebendige Orte des Glaubens und der Begegnung sind. Orte, an denen Menschen aller Generationen zusammenkommen, um zu beten, zu singen, für andere da zu sein. Orte, wo Menschen Segen und Hilfe erfahren, so, wie sie es in ihrem Leben brauchen. Ich stelle mir vor: Ich öffne eine Kirchentür und komme an einen lang gedeckten Tisch, wo unterschiedlichste Menschen miteinander essen und trinken, von ihrem Glauben erzählen, Erfahrungen austauschen, lachen und weinen, Musik machen und aufeinander hören – kurz, wo sie Nahrung für Leib und Seele finden. Eine Kirche, im Geiste Jesu offen für alle, mit Respekt und Achtung vor der Würde jedes Menschen – da würde ich mich gerne dazusetzen.